Hintergrund
Das LG München hat mit Urteil vom 22.09.2020 als bislang erstes deutsches Gericht eine Mietminderung aufgrund des staatlich angeordneten „Lock-Downs“ infolge der COVID-19-Pandemie bejaht. Der Mieter ist Betreiber eines Möbel-Einzelhandelsgeschäfts und hatte sich darauf berufen, dass mit dem staatliche angeordneten „Lock-Down“ ein Mietmangel vorliege, welcher ihn zur Minderung gemäß § 536 Abs. 1 BGB berechtige.
Damit entscheidet das LG München diese bereits seit Ausbruch der Pandemie und dem ersten „Lock-Down“ Ende März 2020 diskutierten Frage zu Gunsten des beklagten Mieters. Das LG Heidelberg (LG Heidelberg, Urteil vom 30.07.2020, 5 O 66/20) und das LG Frankfurt a. M. (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 02.10.2020, 2-15 O 23/20) hatten in vergleichbaren Fällen jeweils zugunsten des klagenden Vermieters entschieden und angenommen, dass der staatlich angeordnete „Lock-Down“ weder einen Mangel der vermieteten Räumlichkeiten darstelle, noch eine Verringerung der Miete aufgrund Unmöglichkeit (§§ 326 Abs. 1, 275 BGB) oder Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) rechtfertige.
Entscheidung des LG München
Bemerkenswert ist, dass die Münchener Richter einen Sachmangel der vermieteten Geschäftsflächen angenommen haben, obwohl der staatlich angeordnete „Lock-Down“ keinen direkten Bezug zu der Mietsache aufweist, sondern flächendeckend angeordnet wurde. Als Mietzweck war im Fall der Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts vorgesehen. An diesen Mietzweck – so das Gericht – müsse sich auch der Vermieter festhalten lassen. Da der Mietzweck infolge der staatlichen Beschränkungen nicht erfüllt werden konnte, sei eine Mietminderung gerechtfertigt.
Der klagende Vermieter hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt, sodass nun abzuwarten bleibt, ob das OLG München den mieterfreundlichen Kurs des LG München bestätigen oder das Urteil aufheben wird. Der BGH ist in seiner Rechtsprechung bislang davon ausgegangen, dass eine Minderung aufgrund öffentlich-rechtlicher Nutzungsbeschränkungen nur in Betracht kommt, wenn diese unmittelbar mit der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache in Zusammenhang stehen und nicht allein mit persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (vgl. bspw. BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09). Aus diesem Grund hatten auch das LG Heidelberg und das LG Frankfurt a. M. eine Minderung abgelehnt. Vieles spricht also dafür, dass das OLG München die Entscheidung des LG München aufheben könnte.
Ihre Chance
Die Entscheidung des LG München zeigt, dass es aus Sicht der Mieter durchaus lohnend sein kann, sich auf eine Minderung der Miete zu berufen. Das LG München stellt hierzu insbesondere auf den vertraglichen Mietzweck ab, an welchen sich der Vermieter festhalten lassen müsse. Daneben wird die Beurteilung des Einzelfalls auch davon abhängen, ob sich Anhaltspunkte dafür finden, dass der Vermieter das Verwendungsrisiko des Mieters auch über die Beschaffenheit der Mietsache hinaus übernehmen wollte. Aus der bisherigen Rechtsprechung lassen sich keine pauschalen Schlussfolgerungen ziehen, sondern es ist in jedem Einzelfall der Inhalt des Mietverhältnisses und die darin vorgesehene Risikoverteilung ausschlaggebend.
Sie möchten als Vermieter oder Mieter Ihren rechtlichen Handlungsspielraum in der COVID-19-Pandemie voll erfassen und nutzen? Kommen Sie auf uns zu – die Kolleginnen und Kollegen unseres Teams helfen Ihnen gerne weiter!