Steuerpflicht bei Grundstücksübertragung mit Darlehensübernahme

Sachverhalt

Vater V übertrug eine im Jahr 2014 für 150.000 EUR angeschaffte Immobilie im März 2019 auf seine Tochter T. Die Übertragung erfolgte zwar „unentgeltlich“, aber die Tochter übernimmt das auf der Immobilie lastende Darlehen in Höhe von 120.000 EUR. Die Immobilie hatte bei ihrer Übertragung auf die Tochter im März 2019 einen Verkehrswert von 200.000 EUR.

Rechtslage

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist der Gewinn aus der Veräußerung von Immobilien innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren grundsätzlich steuerpflichtig. Dabei gilt als Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis und den ursprünglichen Anschaffungskosten (ggf. vermindert um steuerlich geltend gemachte Abschreibungen) nebst (veräußerungsbedingten) Werbungskosten. Zum Veräußerungspreis zählt dabei nicht nur ein zu zahlender Kaufpreis, sondern auch die Übernahme eines Darlehens, weil der Verkäufer insoweit von einer Schuld befreit wird.

Lösung Finanzamt

Das Finanzamt ging von einer steuerpflichtigen Grundstücksübertragung aus. Die Übertragung sei nach Maßgabe des Verkehrswerts der Immobilie und der von der Tochter übernommenen Verbindlichkeit in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Vorgang aufzuteilen. Durch die Darlehensübernahme hat die Tochter einen Anteil von 60 % entgeltlich (Darlehensübernahme 120.000 EUR / Verkehrswert 200.000 EUR) und einen Anteil von 40 % unentgeltlich (= Schenkung von Vater) erworben. Dem entgeltlichen Anteil von 120.000 EUR stellte das Finanzamt entsprechend der „Entgeltlichkeitsquote“ nur 60 % der Anschaffungskosten (150.000 EUR x 60 % = 90.000 EUR) gegenüber. So ermittelte das Finanzamt einen steuerpflichtigen Gewinn von 30.000 EUR (120.000 EUR – 90.000 EUR). Gegen diese Vorgehensweise erhob der Vater Klage beim Finanzgericht Niedersachsen.

Lösung Finanzgericht

Mit Urteil vom 29.05.2024 entschied das Finanzgericht Niedersachsen zugunsten des Vaters, dass teilentgeltliche Übertragungen von Immobilien im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unterhalb der historischen Anschaffungskosten nicht unter § 23 EStG fallen und somit kein steuerpflichtiger Veräußerungsvorgang vorläge. Dabei lag das Teilentgelt von 120.000 EUR unterhalb der historischen Anschaffungskosten von 150.000 EUR, sodass sich kein Gewinn ergeben habe. Gegen diese Entscheidung legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.

Lösung Bundesfinanzhof

Mit Urteil vom 11.03.2025 bestätigte der Bundesfinanzhof letztinstanzlich die Auffassung des Finanzamts. Er entschied: Im Fall der teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern erfolgt für Zwecke der Ermittlung des Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft eine Aufteilung in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts. Auch gelte dies bei einem unter den Anschaffungskosten liegenden Entgelt.

Fazit

Bei Grundstücksübertragungen innerhalb des 10-Jahreszeitraums ist also auch bei vermeintlich „unentgeltlichen“ Übertragungen Vorsicht geboten, wenn gleichzeitig ein Darlehen übernommen wird. Solche Konstellationen sind nicht selten bei Grundstücksübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von Eltern auf Kinder anzutreffen. Das Steuerrisiko erhöht sich um so mehr, je höher sich der Verkehrswert entwickelt hat und je höher der Anteil des übernommenen Darlehens hieran ist.

 

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