Bereits im letzten Jahr haben wir ausführlich über das Thema Kryptowährung berichtet. Nun wurde mit Spannung das Urteil vom 14.02.2023 des Bundesfinanzhofs zur Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Kryptowährungen erwartet. Das Gericht entschied nun endgültig, dass Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen (z. B. Bitcoin) als private Veräußerungsgeschäfte i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig sind. Eine Steuerpflicht besteht aber nur, wenn die jeweilige Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt ist.
Die Steuerpflicht solcher Veräußerungsgewinne war bis dahin durchaus umstritten. Während einige Finanzgerichte zuvor eine Steuerpflicht ebenfalls bejahten, entschied sich das Finanzgericht Nürnberg aber noch am 08.04.2020 gegen eine Steuerpflicht. Das Bundesministerium für Finanzen positionierte sich mit Schreiben vom 10.05.2022 dann auch – wenig überraschend – für eine Steuerpflicht.
Nachdem nun Klarheit über die Steuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung von Kryptowährungen besteht, ergibt sich für Steuerpflichtige, die in den vergangenen Jahren aus dem Handel mit Kryptowährungen Einkünfte erzielt haben und diese nicht erklärt haben, Handlungsbedarf. Hierzu muss man wissen, dass die Finanzbehörden bereits parallel zur höchstrichterlichen Entscheidung in den vergangenen Monaten Ermittlungen aufgenommen und Sammelauskunftsersuchen bei den bekannten Krypto-Handelsbörsen gestellt haben. Die Finanzbehörden werden in der nächsten Zeit diese Informationen auswerten und die betroffenen Steuerpflichtigen auffordern, ihre beim Handel mit Kryptowährungen entstandenen Gewinne und Verluste mitzuteilen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Nichterklärung solcher Veräußerungsgewinne in der Vergangenheit den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt und ob die Beantwortung der Anfrage der Steuerbehörden einer strafbefreienden Selbstanzeige gleichsteht oder ob diese Anfrage bereits einer strafbefreienden Selbstanzeige entgegensteht, also Sperrwirkung erzeugt.
Eine Steuerhinterziehung liegt nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vor, wenn gegenüber den Finanzbehörden zu steuerlich erheblichen Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden. In der Literatur wird die wohl herrschende Meinung vertreten, dass zumindest für die Zeiträume vor dem Erscheinen des BMF-Schreibens am 10.05.2022 eine Steuerhinterziehung mit Blick auf die widersprüchliche Finanzgerichtsrechtsprechung (FG Nürnberg) nicht gegeben sei.
Die erwarteten Anfragen der Finanzbehörden führen im Regelfall wohl noch nicht zu einer Sperrwirkung, so dass eine strafbefreiende Selbstanzeige weiterhin möglich sein dürfte. Eine solche strafbefreiende Selbstanzeige ist an sehr restriktiven Voraussetzungen gebunden. Der Steuerpflichtige muss unter anderem in vollem Umfang unrichtige Angaben berichtigen, unvollständige Angaben ergänzen und unterlassene Angaben nachholen. Ist auch nur eine einzige Angabe unvollständig oder fehlerhaft, so ist die Selbstanzeige insgesamt unwirksam.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass alle Steuerpflichtigen, die in der Vergangenheit Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen erzielt haben, diese gegenüber den Finanzbehörden mitzuteilen haben und zwar unabhängig davon, ob ein entsprechendes Aufforderungsschreiben der Finanzbehörden eingegangen ist oder nicht. Bei der Nacherklärung solcher Angaben gegenüber den Finanzbehörden sollte mit äußerster Sorgfalt vorgegangen werden, damit die hohen Anforderungen für eine wirksame Selbstanzeige erfüllt werden.